Der Nistkasten ist für unsere fünf Jungvögel in den ersten 5 bis 6 Wochen ihre Heimat. Er ist ein wahres „Luxusquartier“. Normalerweise brüten die Falken in alten verlassenen Nestern oder Fels-, Mauernischen, sie bauen keine eigenen Nester. Dort ist es nicht so komfortabel wie hier. Der Nistkasten ist mit 50x50x50 cm Größe sehr geräumig, er bietet so genügend Platz für bis zu 7 Jungvögel. Außerdem verhindert ein 10 cm hohes Kantholz am Eingang einen versehentlichen Absturz eines Jungvogels, was in natürlichen Brutplätzen häufiger vorkommt. Zusätzlich wurden zwei 30 cm lange Anflugbretter und eine 50 cm Sitzstange an der Einflugöffnung angebracht. Sie werden später als Übungsplattform von den Jungfalken für erste Flugversuche genutzt.
Die Altvögel nutzen sie als Sitz-, und Ruheplatz um die Umgebung des Nistkastens zu beobachten.
Der Eingang selber ist mit 30x25 cm groß genug, damit die Altvögel einen guten Blick nach draußen haben und genug Licht in den Kasten gelangt. Mit seiner Eingangsgöße und der Südlage ist er ferner gegen Witterungseinflüsse gut geschützt. Der Boden ist mit einer mehrere Zentimeter hohen Sandschicht gut gepolstert, so dass keine Eier zerbrechen können und Feuchtigkeit aufgesaugt wird. Gegen potentielle Feinde (z.B. Habicht, Marder) ist er durch den Einbau ins Gebäude ebenfalls gut geschützt.
Wir können beobachten, wie unsere Jungfalken ihre direkte Umgebung, den Nistkasten, erkunden.
Die kleinen Beine sind dabei noch etwas zu schwach, um ständig auf ihnen stehen zu können. Aber es reicht, um im ganzen Kasten hin und her zu „laufen“ und das „zu Hause“ zu erforschen. Ansonsten sitzen die fünf „Kleinen“ noch auf ihrem „Hinterteil“. Die Falkenmutter hält sich jetzt schon meist außerhalb des Nistkastens auf und beteiligt sich an der Jagd. Die Fütterung der Jungvögel wird aber immer noch fast ausschließlich von ihr übernommen. Die ältesten Jungvögel beginnen auch schon eingebrachtes Futter selbstständig zu fressen.
Die vierte Lebenswoche:
Das Dunenkleid schwindet
Unsere fünf Jungfalken haben die Beringungsaktion gut überstanden.
Der Federflaum verschwindet nun allmählich von Tag zu Tag und wird durch richtige Federn ersetzt. Man kann zusehen, wie „die Kleinen“ nun immer größer und „erwachsener“ werden, die letzte Phase der „Kindheit“ hat begonnen.
Sie beginnen bereits mit ihren ersten „Flugübungen“. Dabei schlagen sie mit ihren Flügeln im Kasten auf und ab und trainieren so vorab ihre Flugmuskulatur. Denn bei ihrem ersten Ausflug außerhalb des Kastens können sie später schon „richtig“ fliegen, nur die Übung fehlt dann noch.
Die Eltern sind jetzt häufig nur noch kurz am bzw. im Kasten zu sehen. Meist übergeben sie ihren Jungvögeln die Beute, die diese dann schon selbständig fressen. Beim Fressen verdecken die Jungvögel häufig ihr Futter (dies wird „manteln“ genannt), damit die anderen möglichst nichts davon mitbekommen. Außerdem kann man bereits beobachten, dass sie erstmalig den Nistkasten verlassen und auf dem Anflugbrett stehen bzw. in die Umgebung schauen.
Die fünfte Lebenswoche beginnt: „Ästlingszeit“
Unsere fünf Jungfalken haben das vergangene regenreiche Wochenende überstanden, wenn auch sehr hungrig. Bei diesen Witterungsbedingungen ist es für die Elterntiere schwierig ausreichend Nahrung zu beschaffen. Nun wird das Wetter zum Glück wieder besser und der Jagderfolg damit sicherlich auch. Unsere Jungfalken befinden sich jetzt in der fünften Lebenswoche, es ist zugleich die letzte Woche die sie im Nistkasten verbringen werden, bevor sie zu ihren ersten Ausflügen nach draußen starten. Diese Zeit wird als sogenannte Ästlingszeit bezeichnet.
Kampf ums Futter
Der Ausdruck ist folgendermaßen zu erklären: Die Jungvögel würden jetzt bei einer Baumbrut normalerweise erstmalig ihr „Nest“ verlassen und ihre ersten kleinen Ausflüge in die angrenzenden Äste unternehmen. Bei unserem Nistkasten dient das Anflugbrett als Astersatz und wird eifrig für kleine Spaziergänge und „Ausflüge“ nach „draußen“ genutzt. Bei Gefahr rennen unsere Falken dann doch wieder in den sicheren Kasten zurück. Mit Ausnahme des Nesthäkchens und seinem "Federflaum" können wir die jungen Falken jetzt kaum mehr voneinander unterscheiden, da ihr Federkleid fast komplett ist.
Guten Morgen,
wegen Urlaub hinke ich ein wenig hinterher und verpasse alles,sorry
So,der Ordnung halber wird alles nachgereicht
Tagebuch
8. Juli 2011
Unsere Falkendame mit Ring
Das Falkenweibchen ist eine „Neuberlinerin“
Wie schon erwähnt, trägt unsere diesjährige „Falkendame“ am rechten Bein einen Vogelwartenring. Die Ringnummer sagt uns, dass sie aus dem Berliner Umland stammt. Sie ist nämlich mit einem Ring der Vogelwarte Hiddensee gekennzeichnet. Die Vogelwarte Hiddensee ist eine von drei deutschen Vogelwarten und für die neuen Bundesländer zuständig. In Berlin werden traditionell Ringe der Vogelwarte Radolfzell genutzt, die eigentlich für die Süddeutschen Bundesländer zuständig ist. Als letzte Vogelwarte gibt es noch die Vogelwarte Helgoland, die die restlichen Bundesländer verwaltet.
Geboren und beringt wurde das Falkenweibchen im Mai bzw. Juni 2009 in Schönfeld bei Bernau. Schönfeld liegt rund 30 km östlich vom jetzigen Brutstandort. Es kommt immer wieder mal vor, dass Falken aus dem Umland in Berlin brüten. Häufig tun sie dies aber in den Randbezirken der Stadt. Insgesamt betrachtet, stammen die Berliner Brutvögel aber meist aus Berlin und eher selten aus anderen Bundesländern. Mit zwei Jahren ist das diesjährige Weibchen noch relativ jung, denn in Berlin brütende Turmfalken können nach Ringfunden auch durchaus mal 14 Jahre alt sein. Allerdings sind ältere Turmfalken auch recht selten anzutreffen.
Abgelesen werden die Ringnummern durch kleine Bohrlöcher im Nistkasten, was teilweise viel Geduld erfordert und für den Falken störungsfrei geschieht.
Am Sonntag, gut fünf Wochen nach dem Schlupf, haben einige unserer Jungfalken mit den ersten Ausflügen in die nähere Umgebung des Nistkastens begonnen. Nur das Nesthäkchen hat sich noch nicht getraut. Das Fliegen ist den Falken angeboren, jetzt fehlt nur noch die Übung. Das ist gar nicht so einfach, denn das sichere, zielgerichtete Landen und das Starten müssen erst einmal erlernt sein. Von oben nach unten geht es dabei auch leichter als von unten nach oben. Und manchmal klettert man dann einfach mal mit Hilfe von heftigen Flügelschlägen an der Fassade hoch, anstatt zu fliegen. Das sieht manchmal lustig aus. Am Anfang wird erst die nähere Umgebung, das Kirchendach oder die Bäume nebenan erkundet. Dünne Äste sind dabei trügerisch, wie hält man sich denn bloß an ihnen fest?
Abends müde von den ersten Ausflügen
Die neue, fremde Umgebung ist aufregend, kann aber auch gefährlich werden. So kommt es leider immer wieder mal zu Scheibenanflügen mit fatalen Folgen. So zum Beispiel im letzten Jahr, als einer der Jungfalken einige Wochen nach dem Ausfliegen tödlich an einer Scheibe des Nachbargebäudes verunglückte. Aber auch der Autoverkehr, Schornsteine und andere anthropogene Strukturen können gefährlich werden. Ebenso Hunde oder Katzen, wenn unsere Jungfalken auf dem Boden landen und wie schon erwähnt, nicht mehr so schnell nach oben kommen. Am Abend kehren die Jungvögel dann meist zum Schlafen in den Nistkasten zurück, oder schlafen in der näheren Umgebung. In einigen Tagen bis Wochen werden sie andere Schlafplätze gefunden haben. Gefüttert werden sie jetzt auch außerhalb des Nistkastens.
14. Juli 2011
Die Bettelflugphase
Nachdem unsere 5 Jungfalken nun ihre ersten Ausflüge in die Umgebung erfolgreich unternommen haben, hat nun die letzte schwierige Phase zur Selbständigkeit, die sogenannte „Bettelflugphase“ begonnen. Jetzt müssen sie nicht nur das „richtige“ Fliegen erlernen, sondern auch das Jagen. Dabei werden sie in der Regel von den Eltern noch ca. vier bis sechs Wochen mit Futter versorgt. Sobald sie einen Altvogel sehen, fliegen sie sofort laut rufend und bettelnd auf ihn zu, um von ihm die Beute zu erhalten. Oder sie sitzen wartend und bettelnd auf dem Dach, am Kasten oder im Baum, bis ihnen der Altvogel die Beute bringt. Bisher haben die Jungvögel nur tote Beute erhalten. Nun müssen sie schrittweise das Jagen von lebendiger Beute erlernen. Ebenso, wo die potentielle Beute zu finden ist.
Dabei werden ihre Ausflüge in die Umgebung immer größer und sie schauen sich bei den Eltern deren Verhaltensweisen ab. Der Jagdinstinkt ist ihnen angeboren. Anfangs „jagen“ sie häufig am Boden nach Insekten oder Regenwürmern. Lebende Mäuse zu fangen und zu töten ist dann ein weitaus schwierigerer Schritt. Dabei hat der junge Falke teils gehörigen Respekt vor den manchmal recht wehrhaften und bissigen Nagern. Das richtige Greifen und Töten der Beute mit dem Schnabel kann bei einigen Jungvögeln viele Wochen dauern. Teilweise jagen sie ihren Eltern oder „erfolgreichen“ Geschwistern die Beute ab. Noch schwieriger ist: die Jagd nach Vögeln und die Flugjagd.
Je nach Leistungs- und Lernfähigkeit („Talent“) der jungen Falken entscheidet sich jetzt, wer diese Phase meistert und überlebt. Neben den vielen bereits erwähnten Unfallgefahren, spielt der Nahrungsmangel dann eine limitierende Rolle. Einige junge Falken überleben diese ersten Wochen der „Selbständigkeit“ nicht, denn sie werden ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr von den Eltern versorgt, oder verlieren den Anschluss an den Familienverband. Bisher scheint aber alles gut zu verlaufen, am Abend kehren die fünf noch immer regelmäßig und sehr erschöpft zum Schlafen in den sicheren Kasten zurück. Wir werden sehen, wie lange sie dies noch tun. Drücken wir ihnen die Daumen, dass der Schritt in die Selbständigkeit gelingt.