03.01.2022
Besuch von Störchinnen auf dem Alten Rathaus
Mitunter ist ein Storch auf dem Alten Rathaus zu sehen, der einen schwarzen ELSA-Ring am rechten Bein oberhalb dem Intertarsalgelenk trägt. In die ELSA-Ringe der Vogelwarten sind einmalige und eindeutige Kennzeichnungen zur Identifizierung des jeweiligen Ringträgers eingraviert. Zur Verbesserung des Kontrastes und Erleichterung der Ablesbarkeit ist die Gravur weiß eingefärbt.
Unsere Storchenkamera auf dem Alten Rathaus ist mit einem vierfachen optischen Zoom ausgestattet. Zur besseren Erkennung von Ringkennzeichnungen setzten wir diese 4-fache Vergrößerung gerne ein. So auch am 15.11.2021, wo wir die Ringkennzeichnung DER A6171 sicher erkennen konnten. DER steht für Deutschland Vogelwarte Radolfzell am Bodensee und zusammen mit einer 5-stelligen Buchstaben-Ziffern-Kombination führt dies zu einer eindeutigen und einmaligen Kennzeichnung.
Die Ringträgerin ist eine "alte Bekannte", die Brutstörchin von Mailach. Diese Störchin stand nach dem verheerenden Sturm vom 12.07.2010 mit stark durchnässtem Gefieder auf dem ca. 18 m hohen Silodach der Familie Ochs unterhalb ihres Bruthorstes. Der Sturm hatte das Nistmaterial des mächtigen Horstes in halber Horsthöhe aufgespalten, die obere Hälfte zusammengefaltet und die drei Jungstörche dazwischen begraben. Aufmerksame Augenzeugen hatten uns unmittelbar über dieses tragische Ereignis informiert. Der heftige Sturm hatte nicht nur den Mailacher Störchen stark zugesetzt, sondern auch zahlreiche Hausdächer abgedeckt, große Bäume wie Streichhölzer abgedreht und auch einen LKW samt Anhänger von der Straße gefegt.
Glücklicherweise konnte die Höchstadter Feuerwehr mit ihrer Drehleiter kurzfristig helfen. Ohne dieses technische Gerät wäre das Silodach und auch die sich darauf befindlichen in Not geratenen Störche nicht erreichbar gewesen. Zum Zeitpunkt der Bergungsaktion hatte sich der heftige Sturm bereits gelegt, der Starkregen hielt jedoch weiterhin an.
Auf dem Silodach fand ich eine völlig durchnässte Störchin vor, die beim andauernden Starkregen kein Fluchtverhalten zeigte. Sie ließ sich am Rande des Silodachs von Hand behutsam eingefangen. Auch die drei stark unterkühlte Jungstörche konnte ich „ausgraben“ und noch lebend bergen.
Unmittelbar nach der Bergung hatten wir die stark unterkühlten Störche mit Wärmflaschen aufgewärmt und mit warmer Luft das nasse Gefieder trockengeföhnt, bis allmählich die Lebensgeister in die vor Kälte und Nässe erstarrten Körper zurückkehrten. Das Erlebnis, wenn das Leben in einen totgeweihten Körper zurückkehrt, wird sicher keiner der mitwirkenden Helfer je vergessen.
Tags darauf habe ich die Störchin und die Jungstörche am 13.07.2010 beringt und zur Pflege in den Nürnberger Tiergarten gebracht, von wo sie noch im Sommer 2010 ausgewildert wurden.
Wie man so schön sagt, man trifft sich meist nicht nur einmal im Leben.
Eine Störchin, die seit dem 31.12.2021 regelmäßig auf dem Alten Rathaus zusammen mit Gerome zu sehen ist, trägt ebenfalls einen schwarzen ELSA-Ring rechts oben, dessen Ringkennzeichnung wegen Verschmutzungen jedoch nur sehr schwer zu erkennen ist.
Aus dem beigestellten Bildmaterial vom 01.01.2022 ergeben sich Hinweise, dass es sich um die Mailacher Störchin handeln könnte. Bilder einer Störchin, die zusammen mit Gerome am 02.01.2022 auf dem Alten Rathaus war, zeigen ebenfalls eine schwer erkennbare Ringkennzeichnung, die jedoch ein "X" enthält. Es handelt sich bei diesem Ring nicht um einen der Vogelwarte Radolfzell sondern um einen der Vogelwarte Helgoland in Wilhelmshafen.
Offensichtlich buhlen zwei Störchinen um die Zuneigung von Gerome und zeigen Interesse am begehrten Storchenhorst auf dem Alten Rathaus.
Letztlich wird nur eine Storchendame als zukünftige Brutstörchin auf dem Alten Rathaus bestehen können. Möglicherweise finden sich bis zum Beginn der Brutzeit noch weitere Bewerberinnen ein. Die Auswahl, wer die Zukünftige sein wird, trifft allein Gerome. Die Konkurrenz wird entweder von Gerome selbst, der neuen Horstbesitzerin oder von beiden vertrieben. Es wird auf jeden Fall spannend bleiben.
L.G. cepetta
Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben,
sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen.