Höchstes Bauwerk
24.02.2010, 15:45
265 Meter hoher Bisamberg-Mast gesprengt

Mit Beifall goutierten die Schaulustigen am Mittwoch um Punkt 15 Uhr den Fall des 80 Tonnen schweren großen Sendemasten am Wiener Bisamberg. Damit endete die Ära des höchsten Bauwerks der Republik, das 265 Meter gen Himmel ragte. Der 120 Meter hohe, kleinere der beiden Stahlkolosse war bereits um 12.42 Uhr gesprengt worden. Jedoch mit einer Dreiviertelstunde Verspätung wegen eines unerwarteten Vorfalls.
Mit vier kontrollierten Sprengungen wurde der größere Stahlturm in drei Teile "zerlegt" und stürzte daraufhin in sich zusammen. Damit wurde seiner Karriere als höchstem Bauwerk Österreichs ein jähes Ende gesetzt. An seiner statt rückt nun der Donauturm mit seinen 252 Metern auf Platz 1 der Höhenrangliste.
Anrainer weigerte sich Sicherheitszone zu verlassen
Eigentlich hatte der kleinere Mast pünktlich um 12 Uhr der Schwerkraft Tribut zollen sollen, jedoch weigerte sich ein Anrainer, sein Haus in der Sicherheitszone zu verlassen. Der Mann hatte in den Wochen zuvor bereits vergeblich versucht, mittels einer Initiative Geld zum Kauf und Erhalt der Bauwerke zu organisieren. Die Polizei forderte den Aktivisten dann aber noch einmal nachdrücklich dazu auf, sein Haus zu verlassen - was dieser schließlich auch befolgte.
Senderaum bleibt als Museumsbetrieb erhalten
Am Mittwoch hatte auch der Verein "Initiative Denkmalschutz" mit Unverständnis auf die Sprengung reagiert. Man hätte zuerst eine Nachnutzung für die dazugehörigen Sendegebäude finden und dann über das Schicksal der Sendemasten entscheiden sollen, so die Initiative. Durch die mutwillige Abtragung werde die Anlage jedoch ihrer ursprünglichen technischen Funktion beraubt, weshalb für das Sendegebäude wohl nur mehr der reine Museumsbetrieb möglich bleibe - was keine sichere Zukunft bedeute.
Nach dem Fall des großen Mastes bleibt nur noch der Senderaum aus den 1950er-Jahren der Nachwelt erhalten und soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. An der genauen Nutzung arbeite man derzeit. Was hingegen mit dem 25 Hektar großen Gesamtareal im Besitz der Stadt Wien und des ORF geschieht, ist indes noch offen.
Zahlreiche Schaulustige auf Aussichtsplattformen
Der erwartete große Knall hat bei strahlendem Wetter zahlreiche Spektakelfreunde auf den Bisamberg gelockt. Dort wurden eigens zwei Aussichtsplattformen angelegt, von denen aus die Sprengungen mitverfolgt werden können. Die Mehrheit des knallfreudigen Publikums hatte zu Fuß von Langenzersdorf aus den 359 Meter hohen Grenzberg zwischen Wien und Niederösterreich erklommen. Denn abseits der Aussichtsstellen wurde um die Mastengiganten eine Sicherheitszone eingerichtet, weshalb auch die Zufahrtsstraßen zur Sendeanlage gesperrt waren.
Instandhaltungskosten zu hoch
Der Grund für die spektakuläre Entsorgung der mächtigen Stahlriesen sind die hohen Instandhaltungskosten der Anlage. Schließlich war der Mittelwellensender Bisamberg wegen digitaler Konkurrenz und Internet bereits seit 1995 nicht mehr in Betrieb.
Der Kern der Anlage wurde 1933 errichtet, allerdings 1945 von den abziehenden SS-Truppen zerstört. In ihrer heutigen Form entstand die Sendeanlage 1959 mit vier Sendern zu je 120 Kilowatt - damals ein Meisterwerk der Rundfunktechnik. Während sich die beiden gigantischen Masten auf Wiener Stadtgebiet befinden, liegt der überwiegende Teil des Sendegebäudes im niederösterreichischen Langenzersdorf.
Edit: Die Sendemasten befanden sich ca. 3 km Luftlinie entfernt von meinem Wohnort. Hab die Sprengung beider Masten gesehen.